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Zeit für eine Zwischenbilanz


Vor ziemlich genau zwei Jahren habe ich bei der Bezirksversammlung in Waltendorf meine erste Brandrede zum Grazer Verkehrskollaps gehalten. Seit damals ist viel passiert – es ist Zeit für eine Zwischenbilanz.

 
Der Applaus bei der Bezirksversammlung hat mich Ende 2016 ermutigt, meine Ideen zur Verkehrssituation in Graz weiter zu verfolgen. So kam es dazu, dass im Juni 2017 mein Blog online ging und bald darauf die Grazer Woche erstmals über meine Vorschläge berichtete.

Die Politik reagierte damals zunächst abwartend bis ablehnend. Bürgermeister Siegfried Nagl hat auf meine Frage nach einer U-Bahn im Rahmen einer Diskussion vor der Gemeinderatswahl 2017 noch geantwortet, dass Graz zu klein sei – dieses Argument hält sich leider seit vielen Jahren sehr hartnäckig. Ich habe dieser Frage schon 2017 einen eigenen Blogpost gewidmet.

Doch 2018 machte der Bürgermeister samt der Holding Graz plötzlich eine Kehrtwende. Im April dieses Jahres schlug die Stadtregierung auf einmal vor, den Bau einer U-Bahn-Linie vom UKH in Eggenberg zum LKH Graz einer seriösen Prüfung zu unterziehen. Mittlerweile wurde Verkehrsexperte Kurt Fallast in die Planungen eingebunden und im Frühjahr 2019 soll es erste Details zur Trassenführung geben.

Meine Freude über diese Neuigkeiten ist zwar groß, doch nicht gänzlich ungetrübt: ich bin nach wie vor der Meinung, dass die östliche Endstation der Ost-West-Linie nicht beim LKH Graz, sondern beim Berliner Ring in Waltendorf sein sollte. Darüber hinaus bin ich felsenfest davon überzeugt, dass eine Linie nicht ausreichen wird, sondern auch eine Nord-Süd-Linie gebaut werden muss, die auch mehrere derzeit noch eigenständige Gemeinden in Graz-Umgebung anbinden sollte. Es ist davon auszugehen, dass Gemeinden wie Seiersberg-Pirka, Premstätten, Raaba-Grambach und dergleichen im Zuge der nächsten Gemeindestrukturreform des Landes Steiermark Teil von Graz werden – denn faktisch sind sie es ja jetzt schon.

Neben den Reaktionen aus der Politik gab es in den letzten beiden Jahren natürlich auch von diversen Privatinitiativen etliche Wortmeldungen.

Eine völlige Bankrotterklärung gab es dabei vom Verein Fahrgast Graz/Steiermark, der sich in einer Aussendung vor kurzem sehr deutlich gegen das Grazer U-Bahn-Projekt positioniert hat und darin allen Ernstes behauptet, eine U-Bahn wäre „[nicht] geeignet, bestehende noch künftige Herausforderungen der Grazer Verkehrsproblematik zu lösen“. Von diesem Verein, der sich „Interessensvertretung der Fahrgäste“ nennt, fühle ich mich als Besitzer einer Jahreskarte der Holding Graz jedenfalls überhaupt nicht vertreten. Ich nutze beinahe täglich die bestehenden Öffis in Graz und habe teilweise nicht einmal mehr einen Stehplatz; die Busse und Straßenbahnen stehen permanent im Stau und sind am völligen Kapazitätslimit angelangt. Es ist allerhöchste Zeit, diese Realitäten anzuerkennen und die daraus resultierende Schlussfolgerung zu ziehen: GRAZ BRAUCHT EINE U-BAHN!

Die Plattform Pro Bim Graz hat sich auf Facebook ebenfalls mehrmals gegen den Bau einer U-Bahn ausgesprochen und argumentiert dies meistens mit den immensen Kosten. Dies ist ein seriöses und ernst zu nehmendes Argument, denn es ist ja in der Tat so, dass der Bau einer U-Bahn sehr teuer ist, wie unter anderem die Kleine Zeitung am 08.09.2018 berichtet hat. Doch die Kosten dürfen uns keinesfalls abschrecken! Meine ausführlichen Gedanken dazu habe ich schon in einem Blogpost im August 2017 dargelegt, ihr könnt sie dort gerne noch einmal nachlesen.

Wirklich ärgerlich ist hingegen die regelmäßig verbreitete unseriöse Behauptung, das Straßenbahnnetz würde zwangsläufig stillgelegt werden, wenn es eine U-Bahn gäbe. Dabei ist diese Befürchtung völlig unbegründet: es gibt etliche Städte, in denen U-Bahnen und oberirdische Öffis (Straßenbahnen und Busse) eine friedliche Koexistenz führen und sich teilweise sogar ideal ergänzen; die Wiener Linien sind ein Paradebeispiel dafür. Die Angst vor einer Stilllegung der Straßenbahnlinie 7 nach Inbetriebnahme der Ost-West-U-Bahn ist daher völlig abwegig. Zudem möchte ich an dieser Stelle loswerden, dass ich auch nie die Stilllegung bestehender Straßenbahnlinien gefordert habe – auch wenn mir das manchmal unterstellt wird.

Natürlich verfolge ich auch die Diskussionen in diversen Foren. Von ablehnenden Postings in Foren wie Styria Mobile oder im Tramwayforum lasse ich mich aber bestimmt nicht mundtot machen. Außerdem gibt es mindestens genauso viele positive Rückmeldungen anderer Bürger/innen; ein Blogger aus Graz-Umgebung hat sich hier zB schon Gedanken zu möglichen Trassenführungen gemacht.

Liebe Leser/innen, in den letzten zwei Jahren ist viel passiert, doch eines kann ich versprechen: ich mache weiter. Denn das Schöne ist: die Zeit ist mein Verbündeter! Auch die vehementesten U-Bahn-Gegner von heute werden in naher Zukunft erkennen, dass der Bau einer U-Bahn im Großraum Graz zwingend notwendig ist.

Kommentare

  1. Die U-Bahn wird kommen. Traurig halt, dass jeder Tag, an dem noch nicht die konkrete Planung startet, ein verlorener Tag für die Stadt ist.

    Und der Verein Fahrgast - was ist denn mit dem bitte los?
    Der kann sich umbenennen in "Verein Pro Auto in der Stadt". Oder besser: Sich bei der nächsten Generalversammlung auflösen. So einen Verein brauchen wir in der Stadt wirklich nicht. Danke wiedaschaun.

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Für den Inhalt verantwortlich: Mag. Jochen Schönberger Heinrichstraße 118/W4 8010 Graz jochen.schoenberger@gmail.com

Konzept für ein U-Bahn-Netz in Graz

Ausgangslage Pro Tag werden im Stadtgebiet von Graz vier Millionen Kilometer mit Autos zurückgelegt; dies ist viel zu viel, wenn die Republik Österreich ihre Klimaschutzziele erreichen möchte. Das Übereinkommen von Paris vom 12.12.2015 muss durch innerstaatliche Maßnahmen zum Leben erweckt werden. Dazu zählt der Bau eines U-Bahn-Netzes in Graz, mit dem Ziel, die Anzahl der mit PKW zurückgelegten Kilometer im Ortsgebiet in den nächsten 15 Jahren zu halbieren.